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Aufenthalt in Graz

Als Robert Grimm am 6. Mai 1902 die steirische Landeshauptstadt verliess, um seine Gesellenwanderung fortzusetzen, hatte er sich beinahe ein Jahr lang in Graz aufgehalten. Ab 1901 hatte er dort in der neuen Druckerei der Zeitung «Arbeiterwille» gearbeitet.

Die «ERINNERUNGEN», ein stichwortartiges Typoskript, das Grimm ums Jahr 1956 verfasste, geben (auf Seite 5) weitere Stichworte zu seinem Aufenthalt in Graz:

«Ueber den Semmering nach der Steiermark. Nach einigen Wochen in der neuen Arbeiterdruckerei des "Arbeiterwillen". Grund meines Engagements: Angst der andern. In der Regel Nachtarbeit einige Stunden, Druck der Zeitung. Nachher frei.
Politische Atmosphäre. Aufblühende Arbeiterbewegung. Deutsch-Nationale. Versammlungen. Zusammenstösse. Wahlagitation. Begeisterung und Hingabe. Literatur. Zusammensein mit Genossen. Im Winter in die Berge, an Werktagen ins Theater. Erleben der sozalistischen Gemeinschaft. Begeisterter Abstinent. Korrespondent der "Freiheit". Einer der schönsten Auslandsaufenthalte. Erziehung zum Sozialisten. Allgemeines Kulturstreben. [Anton] Afritsch: Kinderfreunde, Begründung der Bewegung. Schlachtruf: Freundschaft.»

Das Original der «ERINNERUNGEN» befindet sich im Schweizerischen Bundesarchiv (CH-BAR J1.173#1986/188#9).

Druckerei der Zeitung «Arbeiterwille»

Zurzeit von Robert Grimms Aufenthalt in Graz wurde der «Arbeiterwille» in der «Genossenschafts-Buchdruckerei» an der Annenstrasse 19 gedruckt. An dieser Adresse befindet sich noch heute (2020) eine Druckerei.

Später wurde der «Arbeiterwille» bei der Buchdruckerei «Vorwärts» gedruckt, welche 1912 zusammen mit Verlag und Redaktion der Zeitung ins neue Parteihaus der steirischen Arbeiterschaft an der Mariengasse einzog.

Exkursionen zum Hochlantsch

Von Graz aus unternahm Robert Grimm Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung. In Begleitung von Matthias Heidenberger machte er sich an Ostern 1902 auf zum Hochlantsch, dem höchsten Berg des Grazer Berlandes (1720 m. ü. M.). Wegen des stürmischen Winter-wetters mussten die beiden die Tour vorzeitig abbrechen.

Das Bild zeigt den Wasserfall beim "Neuen Steig". Vermutlich wurde das Foto beim erneuten Versuch, zum Hochlantsch aufzusteigen, am 13. April 1902 aufgenommen. Die handschriftliche Legende darüber und darunter lautet:

«Zur Erinnerung an die Osterfeiertage 1902 [Ostersonntag war der 30. März 1902],
sowie an den [Samstag,] 13. April 1902

(Steiermark.) Vorletzter Wasserfall beim Aufstieg
am Hochlantsch (Neuer Steig) 1776 m ü. M.

Graz, den 30. April 1902         Rob. Grimm»

Die handschriftliche Legende auf der Rückseite des Bildes lautet:

«Zur Erinnerung
an die in dem Lantsch-
gebiete verlebten herrlichen
Tage, am [Ostersonntag / Ostermontag,] 30./31. März und [Samstag / Sonntag,] 12./13. April

1902

Teilnehmer an der ersten
Partie bei stürmischem
Schneewetter (Schneehöhe 1 m)
Matthias Heidenberger
Rob. Grimm und an der 2ten
Tour Leo (oder Lev?) Pokorny (?)
Matthias Heidenberger
Rob. Grimm

Graz, den 30. April 1902

                                     Rob. Grimm»

Zurück in der Schweiz

Nach der Rückkehr von seiner Gesellenwanderung in die Schweiz liess sich Robert Grimm für knapp zwei Jahre in Pruntrut (Porrentruy) nieder. In seinen «ERINNERUNGEN» (Seite 5) erwähnt er, was ihn in die Westschweiz zog: «Französisch in der Praxis erlernen als Ziel.» Am 1. September 1902 nahm Maschinenmeister Grimm eine Stelle bei der Druckerei «Le Jura» an, welche die gleichnamige Zeitung druckte und herausgab.

Vermutlich wohnte Robert Grimm zu dieser Zeit in der familiären Pension Gigandet. Jedenfalls zeigt ihn das am 2. November 1902 aufgenommene Foto im Kreis seiner Gastgeber_innen und von anderen Pensionären: Ein selbstbewusster junger Mann, breit hingestreckt auf einem Stuhl.